Erbschein beantragen

Erbschein beantragen – wo, wer und wie?

Der Erbschein ist ein Verfügungsausweis, der vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt und in dem beurkundet wird, wer Erbe des Erblassers ist und in welchem Umfang. Dem Wortlaut des § 2353 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zufolge handelt es sich um „ein Zeugnis über das Erbrecht des Erben“ oder wenn dieser nur einen Teil erbt, „über die Größe des Erbteils“. Erforderlich ist ein Erbschein, wenn sich der Erbe im Rechtsverkehr als solcher ausweisen muss, damit er den Nachlass in Besitz nehmen und über ihn verfügen kann. Insoweit erfüllt der Erbschein den Zweck, dass sich ein Erbe gegenüber Dritten, beispielsweise Banken und Versicherungen oder gegenüber dem Grundbuchamt, als Erbe legitimieren kann. Den Erbschein braucht ein Erbe auch dann, um Handlungen im Namen des Erblassers durchführen zu können, weshalb er auch als „Personalausweis des Erben“ bezeichnet wird. Denn nach § 2365 BGB wird vermutet, dass demjenigen, der im Erbschein als Erbe bezeichnet wird, das darin angegebene Erbrecht zusteht.

Einen Erbschein beantragen – die Zuständigkeit des Nachlassgerichts

Erbschein beantragen

Der Erbschein wird nur auf Antrag erteilt. Grundsätzlich kann jeder einen Erbschein beantragen, der glaubt, durch den Tod des Erblassers Erbe geworden zu sein. Zuständig für die Antragstellung ist das Amtsgericht als Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers, dessen Zuständigkeit in den §§ 2353 ff. BGB gesetzlich festgeschrieben ist. Einzige Ausnahme ist Baden-Württemberg, wo der Erbschein beim Staatlichen Notariat beantragt werden kann.

Wer einen Erbschein beantragen kann

Antragsberechtigt sind der oder die Erben, der Rechtsnachfolger des oder der Erben, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter ebenso wie Gläubiger des Erblassers oder des beziehungsweise der Erben. Sie sind gegenüber dem Gericht verpflichtet, das behauptete Erbrecht genau zu bezeichnen.

Das Nachlassgericht muss rechtliches Gehör gewähren, was insbesondere dann gilt, wenn ein Rechtsstreit über den Nachlass anhängig ist. Dabei gilt der in § 2358 BGB normierte Amtsermittlungsgrundsatz, nach dem eine Behörde oder ein Gericht verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen, also ohne Antrag eines Betroffenen, zu untersuchen. Um einen Erbschein beantragen zu können, ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht zwingend notwendig. In einfachen Fällen reicht es aus, als Privatperson aufzutreten, sich auszuweisen und dem Nachlassgericht die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Antragstellung ist nicht an eine bestimmte Frist oder Form gebunden, sodass der Erbschein jederzeit zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich abgegeben werden kann.

Wer einen Erbschein beantragen möchte, muss eine Gebühr für seine Erteilung zahlen, wobei die Höhe der Gebühren vom Wert des Nachlasses abhängig ist. Muss außerdem gemäß § 2356 Abs. 2 BGB eine eidesstattliche Versicherung abgegeben werden, fällt eine weitere Gebühr in derselben Höhe an.

Einen Erbschein beantragen – die Voraussetzungen

Welche Unterlagen dem Nachlassgericht vorgelegt werden müssen, um einen Erbschein beantragen zu können, ist abhängig von den Angaben, die der Erblasser bezüglich seines Nachlasses gemacht hat.

1. Hat der Erblasser ein Testament verfasst oder einen Erbvertrag aufgesetzt, müssen bei dieser sogenannten gewillkürten Erbfolge sämtliche Testamente des Erblassers vorgelegt werden, zu denen auch Entwürfe, korrigierte und möglicherweise auch ungültige Fassungen gehören, ebenso wie ein maßgeblicher Erbvertrag, sofern der letzte Wille nicht ohnehin bereits beim Nachlassgericht abgeliefert wurde. Nach § 2355 BGB muss der Antragsteller die Verfügung bezeichnen, auf der sein Erbrecht beruht. Der Antragsteller muss außerdem gemäß § 2356 BGB die Richtigkeit der gegenüber dem Nachlassgericht gemachten Angaben nachweisen. Dies geschieht durch die Vorlage von öffentlichen Urkunden, beispielsweise eine beglaubigte Abschrift der Geburtsurkunde, der Heiratsurkunde oder der Abstammungsurkunde, mit denen der Antragsteller sein Verhältnis zum Erblasser dokumentiert, auf dem das Erbrecht beruht. Ersatzweise reicht nach § 2356 Abs. 3 BGB die Angabe anderer Beweismittel aus, sofern die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen sind.

2. Kommt die gesetzliche Erbfolge zum Zug, weil der Erblasser seinen Nachlass nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag geordnet hat, müssen dem Nachlassgericht die in § 2354 Abs. 1 BGB benannten Nachweise vorgelegt werden. Dazu gehören die Nennung des Todeszeitpunktes des Erblassers und die Beziehung zum Erblasser, auf der das Erbrecht beruht. Außerdem müssen die Personen benannt werden, die den Antragsteller von der Erbfolge ausschließen oder seinen Erbteil mindern könnten, sowie Angaben darüber, ob und welche Verfügungen des Erblassers von Todes wegen vorhanden sind und ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist.

Zum Nachweis der Richtigkeit seiner Angaben muss der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vorlegen, die er entweder bei Gericht oder bei einem Notar abgeben kann. Nur ausnahmsweise verzichtet das Gericht auf die eidesstattliche Versicherung, nämlich dann, wenn die Erbrechtslage zweifelsfrei feststeht oder der Sachverhalt bereits durch ein Erbscheinverfahren abschließend geklärt worden ist.

 

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